"An den Tod gewöhnt man sich nicht"

Schüler sitzen in einem Kreis. In steht ein Strauß Tulpen und es liegen Tücher auf dem Fußboden.

„Kann man sich an das Sterben gewöhnen?“ Es klingt nach einer einfachen Frage, die einer der Neuntklässler des Haldensleber Gymnasiums stellt. Obwohl sich Gabriele Tanious täglich mit dem Lebensende von Menschen befasst, muss auch sie erst einmal überlegen. Dann sagt die Koordinatorin im Ambulanten Hospiz- und Trauerbegleitungsdienst: „Nein, daran gewöhnt man sich nicht. Jedes Sterben ist so einzigartig und individuell wie der Mensch selbst. Auch wenn wir den Weg des Sterbens der Menschen sehen, die wir begleiten, gewöhnen wir uns nicht an das Sterben. Die Endlichkeit des Lebens wird uns in jeder Begleitung neu bewusst.“

Seit Anfang des Jahres setzen sich die Schülerinnen und Schüler im Religionsunterricht mit Tod und Sterben auseinander. Auch einen Bestatter haben sie schon besucht. Doch bei der Frage, ob sie selbst schon einmal bei einer Beerdigung waren, heben nur wenige die Hand. Und Gabriele Tanious bestätigt: „Es ist eine schwierige Entscheidung für Eltern, ob sie ihre Kinder zu einer Beerdigung mitnehmen.“ Diese Entscheidungen sind sehr individuell. Hilfreich hierbei können Gespräche mit einem professionellen Dienst wie dem Ambulanten Hospizdienst sein.

Viel erfahren die Gymnasiasten an diesem Tag über die Arbeit im Ambulanten Hospiz- und Trauerbegleitungsdienst, über die Ursprünge der Hospizbewegung im ehrenamtlichen Engagement und darüber, wie viel Kritik diese zu Beginn erfahren hat. Gabriele Tanious erzählt, worin die Motivation liegt und wie lange es gedauert hat, bis auch in Sachsen-Anhalt das erste Hospiz seine Arbeit aufgenommen hat. Sie erklärt die Unterschiede zwischen stationärer und ambulanter Hospizarbeit, die Bedeutung von palliativer Arbeit, informiert über Patientenverfügung und berichtet, was es mit dem Herzenswunsch-Krankenwagen der Malteser auf sich hat.

Aber vor allem erfahren die Schülerinnen und Schüler, warum es wichtig ist, nicht nur die Krankheit eines Sterbenden zu sehen, sondern den Menschen und das, was diesem hilft, seine Situation angenehmer zu gestalten. Und sie hören von einer ehrenamtlichen Hospizbegleiterin, wie erfüllend die Aufgabe sein kann, sterbende Menschen zu begleiten: „Manchmal tue ich nicht mehr, als einfach neben einem Bett zu sitzen. Auf den schwerstkranken Mann, den ich begleite, wirkt das beruhigend. Und seine Frau, die in dieser Zeit ihre Wege erledigt, muss sich keine Sorgen machen.“ Es sei diese Dankbarkeit, einfach nur dafür, dass sie da sei, weshalb sie – wie viele andere Engagierte – ihr Ehrenamt gern erfüllet.

Ob einer der Schüler sich selbst für die Zukunft vorstellen kann, ein solches Ehrenamt zu übernehmen? Das bleibt offen. Eines aber ist den Schülerinnen und Schülern an diesem Vormittag etwas bewusster geworden: „Das hier zeigt, wie wertvoll unsere Zeit als Mensch ist“, sagt ein junger Mann.

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